08.11.2013- Neu im FZI: Björn E. Clausen – oder der wahrscheinlich größte Immunologe der Welt

Mit zwei Metern zehn und einem freundlichen Lächeln duckt er sich unter der Bürotür durch. Als erster Interview-Partner steht Prof. Dr. Björn E. Clausen der Redaktion der FZI-Homepage Rede und Antwort. Er ist gerade frisch in den Kreis der Mainzer Immunologen aufgenommen worden. Im Gespräch imponiert Björn Clausen vor allem durch seine Menschlichkeit und Offenheit. Auf dem Fragenblatt, dass ich ihm im Vorfeld geschickt habe, steht ein Zitat: „The scientist is not a person who gives the right answers, he’s one who asks the right questions“ (Claude Lévi-Strauss). Das Gespräch verspricht spannend zu werden...

Persönliche „Eckpunkte“:
Geburtsdatum, -ort: 21.07.1966 in Amstelveen/NL
Familienstand/Kinder: Verheiratet, eine Tochter
Studiengang: Biologie (Diplom) an der RWTH Aachen

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Fragen:
Wie sind Sie zur immunologischen Forschung gekommen?
Es war eine Mischung aus Abenteuerlust und Fügung. Während meines Biologiestudiums in Aachen habe ich mich auf die Molekularbiologie spezialisiert und wollte unbedingt so früh wie möglich in die USA. In den Semesterferien habe ich wiederholt als Werksstudent Laborerfahrung bei der Bayer-Tochter TROPON gesammelt, wo u.a. Rheuma-Medikamente entwickelt wurden. Dort habe ich meinen Chef so lange bearbeitet, bis er mir einen Abstract und die Telefonnummer von Steffen Gay in die Hand gedrückt hat. So landete ich 1992 in Birmingham, Alabama und fertigte dort meine Diplomarbeit zur Klonalität der B Zell-Antwort in Rheumatoider Arthritis an (1). Dieses Projekt war eine Kooperation von Steffen Gay mit Harry Schroeder, der wiederum über Max Cooper den Kontakt zu Klaus Rajewsky herstellte. So ging ich zur Doktorarbeit nach Köln ins Rajewsky-Labor – fasziniert von der Möglichkeit, Gene nicht nur in der gesamten Maus, sondern mittels des Cre/loxP Systems, spezifisch in bestimmten Zelltypen auszuschalten. In Köln habe ich als einer der wenigen nicht an B Zellen gearbeitet, sondern versucht einen Makrophagen-spezifischen MHC Klasse II knockout zu generieren (2, 3). Das war sicher ein wichtiger Meilenstein meiner immunologischen Karriere, der mir 1998 die Tür zum Labor des späteren Nobelpreisträgers Ralph Steinman in New York geöffnet hat. Als Post-Doc an der Rockefeller University habe ich dann an Dendritischen Zellen, insbesondere an Langerhans Zellen in der Haut geforscht, mit dem Ziel conditional gene targeting auf diese Master regulators of immunity anzuwenden (4, 5). Dieser Ansatz formt bis heute die Grundlage meiner wissenschaftlichen Arbeit.

Was sind die wichtigsten wissenschaftlichen Erfolge Ihrer Karriere?
Drei Mäuse!
Während meiner Doktorarbeit habe ich eine Makrophagen-spezifische Cre Maus entwickelt (3, 6). Bis heute wird diese LysMcre Maus weltweit in hunderten Labors eingesetzt – und ich bin ihr auch in Mainz schon mehrfach begegnet. Aus meiner Post-Doc Arbeit im Steinman-Labor ist die Langerin-DTR Maus entstanden, in der wir spezifisch die Langerhans Zellen in der Haut depletieren können (4). Dieses Modell hat wesentlich dazu beigetragen das Langerhans Zell Paradigma zu revidieren: Langerhans Zellen können das Immunsystem nicht nur anregen, sondern auch herunterregulieren (7). Seit kurzem verfügen wir auch über eine Langerin-Cre Maus (5), mit der wir aktuell die molekularen Signale untersuchen, welche insbesondere die regulatorische Funktion der Langerhans Zellen steuern (8, 9), die aber z.B. auch in vivo cell tracking Studien ermöglicht (10).

Was war ausschlaggebend für Sie nach Mainz zu kommen?
Die letzten 12 Jahre habe ich mit viel Freude eine Arbeitsgruppe in den Niederlanden geleitet. Zunächst am Academic Medical Center der Universität von Amsterdam und danach am Erasmus University Medical Center in Rotterdam. Im Zuge der Wirtschaftskrise, die die Niederlande viel stärker getroffen hat als Deutschland, hat es dort eine starke Verschiebung hin zu angewandter Forschung gegeben. Seitdem werden bevorzugt Projekte finanziell unterstützt, bei denen man sich von den richtigen Antworten einen kurzfristigen wirtschaftlichen Nutzen verspricht. Translationale Grundlagenforschung steht dabei immer mehr außen vor.
Gleichzeitig verbinden mich mit Mainz seit vielen Jahren erfolgreiche Kooperationen z.B. mit Esther von Stebut (7) oder Ari Waisman. Daher kannte ich auch das Forschungszentrum Immunologie als Plattform von verschiedenen Institutionen. Diese unmittelbare Förderung der Zusammenarbeit von Grundlagen- und angewandter Forschung schafft die notwendigen Synergien die richtigen Fragen zu stellen und hat mich direkt angesprochen. Als sich dann die Möglichkeit bot, mit meiner Arbeitsgruppe nach Mainz umzuziehen, habe ich nicht lange gezögert und ich freue mich, meine Arbeit jetzt hier fortsetzen zu können.

Was bietet Ihnen das FZI?
Zunächst vor allem die Möglichkeit, aufwändige Grundlagenforschung auf hohem Niveau betreiben zu können, v.a. durch Strukturen wie die unterschiedlichen Technologieplattformen. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass gerade durch das FZI die einzelnen Institutionen themenübergreifend intensiv zusammenarbeiten. Das ist nicht nur für die breite Analyse unserer Dendritische Zell-spezifischen transgenen Mausmodelle von Belang, sondern insbesondere für die Translation unserer Ergebnisse auf den Patienten. Ich freue mich auf neue Kooperationen z.B. mit Hansjörg Schild, Detlef Schuppan, Stefan Grabbe, Frauke Zipp und Andreas Diefenbach, ebenso wie mit Tobias Bopp, Markus Radsak, Edgar Schmitt und Michael Stassen. Außerdem stellt das FZI noch kein starres Gefüge dar. Durch den Bau des neuen Forschungsgebäudes, des Paul-Klein-Zentrums für Immunintervention, wird die gemeinsame immunologische Forschung unter einem Dach möglich. Dies wird der engen Kooperation sicherlich weitere Impulse geben.

Wie wollen Sie sich im FZI einbringen?
Ich denke, unsere translationale Mausforschung mit dem Focus auf Dendritischen Zellen ist eine sinnvolle Ergänzung bestehender Aktivitäten und eine Bereicherung für den Standort Mainz. Grundsätzlich habe ich das Gefühl beim weiteren Aufbau des immunologischen Schwerpunktes mithelfen zu können. Konkret passt unsere Forschung hervorragend in die neuen SFB-Initiativen von Stefan Grabbe, Hansjörg Schild und Ari Waisman, die wir mit innovativen Projekten verstärken können. Der Zeitpunkt meines Wechsels nach Mainz ist somit ideal.

Was zeichnet Sie als Wissenschaftler aus?
Die Frage können andere sicherlich besser beantworten. Mir ist Teamgeist sehr wichtig und ohne Ausdauer geht es nicht.

Welche Visionen haben Sie?
Lange Zeit wurden Dendritische Zellen, einschließlich Langerhans Zellen, primär als potente Initiatoren einer schützenden Immunantwort untersucht. Daher ist unser Verständnis der molekularen Netzwerke, die die regulatorische Funktion dieser Zellen vermitteln, noch begrenzt. Ich möchte mit meinen transgenen Mausmodellen einen Beitrag dazu leisten, diese Netzwerke aufzuklären, und ich hoffe, dass dadurch Dendritische Zellen in der Zukunft therapeutisch genutzt werden können: zum einen, um unzureichende Immunantworten im Falle chronisch entzündlicher Erkrankungen oder Krebs besser behandeln zu können, zum anderen, um überschießende Immunreaktionen, wie wir sie bei Allergien und Autoimmunkrankheiten kennen, besser einzudämmen.

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  1. Clausen BE, Bridges SL Jr, Lavelle JC, Fowler PG, Gay S, Koopman WJ, Schroeder HW Jr. Clonally-related immunoglobulin VH domains and nonrandom use of DH gene segments in rheumatoid arthritis synovium. Mol Med. 1998; 4(4):240-57.
  2. Clausen BE, Waldburger JM, Schwenk F, Barras E, Mach B, Rajewsky K, Förster I, Reith W. Residual MHC class II expression on mature dendritic cells and activated B cells in RFX5-deficient mice. Immunity. 1998; 8(2):143-55.
  3. Clausen BE, Burkhardt C, Reith W, Renkawitz R, Förster I. Conditional gene targeting in macrophages and granulocytes using LysMcre mice. Transgenic Res. 1999; 8(4):265-77.
  4. Bennett CL, van Rijn E, Jung S, Inaba K, Steinman RM, Kapsenberg ML, Clausen BE. Inducible ablation of mouse Langerhans cells diminishes but fails to abrogate contact hypersensitivity. J Cell Biol. 2005; 169(4):569-76.
  5. Zahner SP, Kel JM, Martina CA, Brouwers-Haspels I, van Roon MA, Clausen BE. Conditional deletion of TGF-βR1 using Langerin-Cre mice results in Langerhans cell deficiency and reduced contact hypersensitivity. J Immunol. 2011; 187(10):5069-76.
  6. Takeda K, Clausen BE, Kaisho T, Tsujimura T, Terada N, Förster I, Akira S. Enhanced Th1 activity and development of chronic enterocolitis in mice devoid of Stat3 in macrophages and neutrophils. Immunity. 1999; 10(1):39-49.
  7. Kautz-Neu K, Noordegraaf M, Dinges S, Bennett CL, John D, Clausen BE, von Stebut E. Langerhans cells are negative regulators of the anti-Leishmania response. J Exp Med. 2011; 208(5):885-91.
  8. Mellman I, Clausen BE. Immunology. Beta-catenin balances immunity. Science. 2010; 329(5993):767-9.
  9. Girard-Madoux MJ, Kel JM, Reizis B, Clausen BE. IL-10 controls dendritic cell-induced T-cell reactivation in the skin to limit contact hypersensitivity. J Allergy Clin Immunol. 2012; 129(1):143-50.e1-10.
  10. Ghigo C, Mondor I, Jorquera A, Nowak J, Wienert S, Zahner SP, Clausen BE, Luche H, Malissen B, Klauschen F, Bajénoff M. Multicolor fate mapping of Langerhans cell homeostasis. J Exp Med. 2013; 210(9):1657-64.